Historisches Erzabbaugebiet

Geschichte des Rombachtälis Aarauer Erzberg.png

Römer & Bohnerz – die Quellen führen weit zurück

Informationen über die Erzgruben sind im Buch «100 Jahre Ersparnisgesellschaft Küttigen 1834–1934» zu finden: «Das Bohnerz habe schon sehr früh zur Ausbeutung angelockt», steht da. Der Name «Rombach» lasse vermuten, dass es bereits den Römern bekannt war. Im Buch steht auch, wohin das Eisenerz gelangte: «Das Erz wurde in langen Trögen gewaschen, auf der Aare nach Albbruck geführt und dort in den St. Blasischen Schmelzöfen verhüttet.» Weitere Quellen und Funde weisen darauf hin, dass in unserer Region in römischer Zeit Bohnerz abgebaut sowie gelagert wurde und für die schweizerische Archäologie eine systematische Untersuchung von Erzen & Lagerstätten von Bedeutung wäre.

Friedkreisgrenze & die Habsburger im 13. Jahrhundert

Historische Quellen aus dem 13. Jahrhundert zeigen auf, dass die Friedkreisgrenze der heutigen Aarauer Gemeindegrenze gegen Küttigen und Erlinsbach dem Rombach entlang verlief und dann zum Hungerberg führte. Unser Tal ist somit nicht nur der Auftakt der Gemeinde Küttigen und des Juraparks, sowie historischer und natürlicher Schätze an der Schnittstelle der Gemeinden Aarau, Küttigen und Erlinsbach (wie wir es in unserem Konzept Rombachtäli 2.0 bereits aufgenommen haben), sondern auch wesentlicher Bestandteil der historischen Friedkreisgrenze.

Bohnerzabbau ab dem 15./16. Jahrhundert

Die Stollen im Untergrund des Buchwaldes stammen aus der Zeit zwischen 1500 und 1850, als hier Bohnerz abgebaut wurde. Das Bohnerz ist die dritte Schicht auf dem weissen Jurakalk. Sie wurde schon früh genutzt. 1550 wird die erste bernische Bergwergskonzession erwähnt. Sie erlaubt es, in Biberstein Eisenerz zu graben und in Erlinsbach einen Hammer aufzurichten. Zur Bernzeit existierten 3 Bergwerke: Der Küttigerstollen am Tannenbächli hinter der Buchmatt, der Vorsichtstollen zuoberst Rombachtäli sowie der Erlachstollen gegen Obererlinsbach.¹

Letzterer alleine lieferte um das Jahr 1800 rund 40000 Kübel Erz mit je ca. 90 Liter Fassungsvermögen. Der Hungerberg galt als eines der bedeutenderen Ausbeutungsgebiete am Jurarand zwischen Biel und Aarau und das Bohnerz als eines der schönsten und reichhaltigsten der Schweiz. Die Zahl der beschäftigten Grubenleute schwankte zwischen 8 und 20, je nach dem Betrieb in den Hüttenwerken. Um diese Zeit betrug der Taglohn eines Grubenarbeiters 12 bis 18 gute Kreuzer. Der jährliche Erzertrag konnte sich in guten Jahren um 1760 auf 875 Tonnen erhöhen.

Helvetische Republik

Während der Helvetik wurde vermutlich nur in Küttigen gearbeitet. Vom 1. Juni 1800 bis 10. März 1803 wurden  1467,7 Tonnen (durchschnittlich jährlich 489 Tonnen) im Wert von 4257 Fr. gefördert. 30 – 40 Familienväter sind in der Erzgewinnung tätig. Während des Staatsbetriebes von 1803–1820 wird der Absatz der Erze dann schwieriger. Die Preise für Erz sinken durch die Konkurrenz, die im Ausland Eisen produziert. Immer grössere Verluste belasten den Staat.  Er stellte den Grubenbetrieb 1820 ein.

Meyersche Stollen

Als die Vorkommen langsam zur Neige gehen, eröffnete 1807 der berühmte Aarauer Industrielle Johann Rudolf Meyer ein viertes Bergwerk am Hungerberg, die Meyerschen Stollen.

Wofür wir uns einsetzen?

Für einen Natur-, Naherholungs- und Geschichtslehrpfad Rombachtäli zwischen den drei Stollen, Wäldern entlang des Rombachs. Unzählige Gruben des Bohnerzabbaus sind für Wanderer in den Wäldern sichtbar, sie füllen sich teilweise mit Wasser und sind ein unerforschter Lebensraum für viele geschützte / bedrohte Arten. Jahrhundertalte Gänge verlaufen im Rombachtäli und  den anliegenden Wäldern.

Wo gibt es eine Kantonshauptstadt, in der die Menschen zu Fuss (zu Fuss 1 km von der Kettenbrücke entfernt) einen derart geschichtsträchtigen Ort erreichen?

Rombachtäli Geschichts und Naturlehrpfad

Die Verbindung der Geschichte mit den hier lebenden bedrohten Arten,  der wunderbaren Natur im Rombachtäli und dem wunderbaren Ausblick vom Alpenzeiger und Bundeseichenplatz ist eine Seltenheit. Wir wären nicht die Ersten, die sich dafür einsetzen. Naturschutz, Historie, Erholung und Best Practice in nachhaltiger Gemeindeentwicklung mit derart vielen Merkmalen und in dieser Nähe zur Kantonshauptstadt zu vereinen, ist unsere Pflicht gegenüber nachkommenden Generationen, einzigartig und bietet ökotouristisches Potential.

Für BürgerInnen mehrerer Gemeinden kann auf engstem Raum der nachhaltige Schutz bedrohter Arten und Pflanzen sichtbar gemacht werden. Eine Wanderung mit Informationstafeln entlang der kilometerlangen Stollen mit 800- jähriger Geschichte, wovon 468 Jahre gut dokumentiert sind, ist in kurzer Zeit machbar. Ehemalige Bergwerksstollen sind übrigens nicht nur hier der Lebensraum von bedrohten Arten.
 
Schutz des historischen Ortsbilds, des kulturellen Erbes, des Lebensraums & identitätsbildender Elemente
Die Würdigung dieses geschichtsträchtigen Orts mit historischen Persönlichkeiten liegt auf der Hand. Die  Schutzwürdigkeit des Rombachtälis, seiner Natur und des kulturellen Erbes sind ein realer Wert unseres Landes für die Öffentlichkeit. Experten & Verbände (Kanton AG Denkmalschutz & Heimatschutz) sind gefordert, den Mehrwert für kommende Generation zu erhalten, und die Vielzahl weiterer historischer Quellen & den Zustand der Stollen als wichtigen Lebensraum für bedrohte Arten zu prüfen, die von dort aus durch das Tal zum Rombach queren.
 
Forschung, Prävention von Risiken des Altbergbaus & ökosensitiver Tourismus
Die Spur zu einem Projekt, dass aufzeigt, wie Forschung, Würdigung der Geschichte und Prävention von Risiken des Altbergbaus ökosensitiv und mit Fördergeldern umgesetzt werden können, führt direkt vom Freund/ Mitbetreiber  Johann Samuel Gruner (Freund Johann Rudolf Meyers – Meyersche Stollen) in das Altbergbaugebiet Freiberg/ Sachsen. Der Schweizer Geologe und Mitbetreiber der Meyerschen Stollen studierte genau an diesem Ort.
 
Zahlreiche Stollen verlaufen auch hier unter Siedlungen und ein Teil wurden erst nach den Jahrhunderthochwasser sichtbar. Die Geschichte führt hier bis ins 12. Jahrhundert zurück. Das es Sinn macht, nicht nur die Würdigung der Geschichte und die Begründung des heutigen Wohlstands zu untersuchen sondern auch die Prävention von Risiken für die meist ahnungslose Bevölkerung, zeigt sich hierdurch. Die Aargauer Zeitung berichtete 2014 von einstürzenden Stollen im Buchwald, was jederzeit und in grösserem Ausmass wieder passieren kann.
 
Die meisten Menschen die seit 30-40 Jahren im Rombachtäli leben wussten bis vor kurzem nichts von der Existenz, der hunderte Meter langen Stollen unter ihnen. Die SGHB – Schweizerische Gesellschaft für historische Bergbauforschung publizierte in Minaria Helvetica einen der wohl besten Berichte zur Geschichte und zum Verlauf der Stollen im Buchwald. Einer der Artikel schliesst mit den bedenklichen Worten:
 

„Dass der Hungerberg ein «bewegter» Berg ist, ist nicht nur durch seine brüchigen Kalkschichten bedingt, sondern ganz besonders durch den immensen Bergbau, der sich über die ganze Fläche erstreckte: durchlöchert, durchbohrt, durchgraben. Abbruchmassen ruhen unerkennbar unter lockerem Waldboden eines jungen Waldes und warten darauf, einmal hinabzurutschen dorthin, wo sich am sonnigen Hang eine unbesorgte menschliche Gesellschaft mit schmucken Heimen angesiedelt hat. Man mag staunen über die Behörden, dieses Gebiet für Ansiedlungen freigegeben zu haben, obwohl in früheren geologischen und topographischen Plänen Rutschhalden am Fusse des Hungerbergs festgehalten sind, denn: Wo der Mensch die Natur beherrschen will, verrechnet er sich meistens – auch da, wo die Kunst des Bergbaus und der Bergbautechnik Bewunderung verdient.“ Minaria Helvetica,2003

Erforschung – Kantonale Untersuchungen – Inventarisierung

Der Quartierverein Rombachtäli initiierte im Jahre 2018 die Aufarbeitung der Geschichte des historischen Tals, welche von der Kantonsarchäologie bezüglich der Inventarisierung der Bergwerksstollen aufgenommen wurde. Ende April 2019 wurden wichtige, mehrmonatige kantonale Untersuchungen abgeschlossen. Die drei Bergwerk-Stolleneingänge des Erlach-, Vorsicht- und Meyer-Stollens im Rombachtäli / am Hungerberg und die Pingenfelder im Bereich Lindgrabe und Buechebni wurden von der kantonalen Archäologie als A-Fundstellen klassifiziert. Sie sind auf der archäologischen Online-Fundstellenkarte entsprechend verzeichnet. 

Die kantonale Karte archäologischer Fundstellen dient als Grundlage zur Umsetzung in der Nutzungsplanung und wird im Raumentwicklungs-verfahren als rechtsgültige Grundlage konsultiert. Zudem ermöglicht sie den Gemeindebehörden die Erfüllung ihrer Meldepflicht gemäss § 41 Kulturgesetz.

Die weitverzweigten, unterirdischen Stollensysteme des Erlach-, Vorsicht- und Meyer-Stollens stufte die Kantonsarchäologie als D-Fundstellen ein. Diese sind jedoch nicht auf der Online-Fundstellenkarte verzeichnet, gehören aber ebenfalls zum archäologischen Fundstelleninventar und sind in der Datenbank der Kantonsarchäologie entsprechend erfasst. Archäologische Hinterlassenschaften sind gemäss § 38 Kulturgesetz grundsätzlich zu schützen und zu erhalten.

Flyer RT Hungerberg

Visualisierung Natur- Geschichts- & Naherholungslehrpfad für den Kanton Aargau 

Der Quartierverein Rombachtäli hat eine Vision zur Entwicklung eines Natur-, Naherholungs- und Geschichtslehrpfads für die Agglomeration Aarau/ den Kanton AG entworfen und befindet sich mit der Gemeinde Küttigen in Abklärungen für eine mögliche Realisierung. Die jahrhundertealten Stollen und Eingänge sind ein Zeugnis der lokalen Schweizer Geschichte und harter Arbeit von Vorfahren, die den heutigen Wohlstand mitbegründeten.

 
Wie andere Bergwerksregionen Ihre Geschichte aufarbeiten, erforschen,  würdigen und Risiken im Blick behalten, zeigt dieser Beitrag:
 
 
Kurze Zusammenfassung: Geschichte des Rombachtaelis
 
 
 
Lebensort Erzbergstollen
Lest hier mehr darüber,  wie Feuersalamanderweibchen oft mehr als 400 m von den Stollen zum Laichgebiet Rombach zurücklegen und leider oftmals aufgrund der geringen Durchlässigkeit des Gebietes (wie unsere Erhebungen belegen) überfahren werden: Bericht Monitoring Feuersalamander Rombachtälivs.1.1_18_07_02
 
Quellen¹:
 
 

Aargauer Zeitung (2014) zur Geschichte der Stollen

Baumberger, Ernst (1923) Die Eisen- und  Manganerze der Schweiz. Erste und zweite Lieferungen. Studiengesellschaft für die Nutzbarmachung der schweizerischen Erzlagerstätten.

Martin Pestalozzi (2003) Die Hungerberg-Erzstollen im Rombach als Saisonarbeitsplatz vor 200 Jahren : Aussagen eines Zettels

Hunziker-Byland, Jacob (1934)

100 Jahre Ersparnisgesellschaft Küttigen 1834— 1934. Gedenkschrift, mit Beiträgen zur Heimatgeschichte von Küttigen. Eine Jubiläumsgabe der Kasse. Mit 1 Porträt-Tafel. II -j- 176 S. Rombach, Geschäftsbücherfabrik, 1934.

Minaria Helvetica (2003) Geologie der Bohnerzvorkommen am Hungerberg, Situationspläne, Karten

IG Meyersche Stollen (2015) Die Meyerschen Stollen in Aarau. Eine Baugeschichte dieser aussergewöhnlichen Anlage

Wolf, Rudolf (1895) Biographien zur Kulturgeschichte der Schweiz, 1895, S. 272 ff

Wullschleger, Erwin (2005) Das Bohnerz von Küttigen, Aargauische Naturforschende Gesellschaft, 36/2005

Küttiger Eisenbergwerk

Stollenverlauf
Grubenfeld auf der Buch, am Hungerberg bei Aarau. Zusammengestellt 1920 von Dr. E. Baum- berger nach Grubenplänen aus dem Jahr 1862 aus: Baumberger, 1923: Die Eisen- und Man- ganerze der Schweiz. – Beiträge zur Geologie der Schweiz, geotechnische Serie, Lieferung 13, 1. Band, Kümmerly & Frey, Bern 1923. In Minaria-Helvetica, Nr.23a, 2003

Es gibt unzählige weitere Quellen u.a. in den Staatsarchiven, die der Bevölkerung nicht bekannt sind.

„Nichts ist so beständig wie der Wandel.“
Heraklit von Ephesus

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